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Nicht aufhören, einander zu lieben!

Nicht aufhören, einander zu lieben!

„Eure brüderliche Liebe bleibe“ (HEB. 13:1)

LIEDER: 72, 119

1, 2. Warum schrieb Paulus den Hebräerbrief?

WIR sind im Jahr 61. Die Versammlungen der Christen in Israel genießen relativ ruhige und friedliche Zeiten. Der Apostel Paulus ist zwar noch in Rom unter Hausarrest, hofft aber, bald freizukommen. Sein Reisegefährte Timotheus ist schon aus dem Gefängnis entlassen worden und die beiden planen, ihre Glaubensbrüder in Judäa zu besuchen (Heb. 13:23). Doch in nur fünf Jahren sollte Jerusalem „von Heeren umlagert“ sein, wie Jesus es vorausgesagt hatte. Dann müssten die Christen in Judäa, vor allem in Jerusalem, entschieden handeln, denn Jesus hatte sie angewiesen zu fliehen, sobald diese Ereignisse ihren Lauf nehmen würden (Luk. 21:20-24).

2 Seit dieser Prophezeiung waren 28 Jahre vergangen. Die treuen Judenchristen in Israel hatten schon viel Widerstand und Verfolgung ausgehalten (Heb. 10:32-34). Doch wie Paulus wusste, stand ihnen eine der größten Glaubensprüfungen noch bevor (Mat. 24:20, 21; Heb. 12:4). Was auch immer auf sie zukäme, sie sollten darauf vorbereitet sein. Sie durften nicht aufgeben. Ihr Leben hing von ihrem Glauben ab — ihrem unerschütterlichen Glauben. (Lies Hebräer 10:36-39.) Und so bewegte Jehovas Geist den Apostel Paulus dazu, diesen lieben Brüdern und Schwestern einen Brief zu schreiben — einen Brief der genau das enthielt, was sie jetzt brauchten. Wir kennen ihn heute als den Hebräerbrief.

3. Warum sollte der Hebräerbrief uns alle interessieren?

3 Was Paulus diesen Christen im ersten Jahrhundert schrieb, sollte uns alle interessieren. Warum? Weil es uns heute ähnlich geht. In den heutigen „kritischen Zeiten . . . mit denen man schwer fertig wird“, ist Jehovas Volk schon verschiedensten Arten von Verfolgung und Widerstand ausgesetzt gewesen (2. Tim. 3:1, 12). Dabei haben wir mehr als deutlich bewiesen, dass wir Jehova treu ergeben sind und ihm fest vertrauen. Die meisten von uns erleben heute jedoch relativ ruhige und friedliche Zeiten, ohne direkte Verfolgung. Wie die Christen, denen Paulus damals schrieb, sollten wir uns alle darüber im Klaren sein: Bald werden wir vor unserer größten Glaubensprüfung stehen! (Lies Lukas 21:34-36.)

4. Wie lautet der Jahrestext 2016, und warum ist er passend?

4 Wie können wir uns besser auf das vorbereiten, was so kurz bevorsteht? Im Brief an die Hebräer behandelt Paulus Vieles, was zu einem starken Glauben beiträgt. Einen wesentlichen Punkt finden wir im ersten Vers des letzten Kapitels. Dieser Vers wurde als Jahrestext für 2016 ausgesucht. Er rät uns dringend: „Eure brüderliche Liebe bleibe“ (Heb. 13:1).

Unser Jahrestext für 2016: „Eure brüderliche Liebe bleibe“ (Hebräer 13:1)

WAS IST BRÜDERLICHE LIEBE?

5. Was ist brüderliche Liebe?

5 Was bedeutet brüderliche Liebe? Paulus verwendet hier das griechische Wort philadelphía, das man mit „Zuneigung zum Bruder“ wiedergeben kann. Zur brüderlichen Liebe gehört eine starke persönliche Bindung — so wie man an seiner Familie oder an engen Freunden hängt (Joh. 11:36). Wir tun nicht nur so, als wären wir Brüder und Schwestern — wir sind Brüder und Schwestern (Mat. 23:8). Diese enge Bindung wird mit den folgenden Worten gut beschrieben: „Liebt einander von Herzen als Brüder und Schwestern. Übertrefft euch gegenseitig an Wertschätzung“ (Röm. 12:10, BasisBibel). Zusammen mit der grundsatztreuen Liebe (agápē) führt brüderliche Liebe in Gottes Volk zu einer warmen, freundschaftlichen Atmosphäre.

6. Was verstehen wahre Christen unter brüderlicher Liebe?

6 Wie ein Gelehrter sagt, ist brüderliche Liebe „außerhalb der christlichen Literatur ein recht seltener Ausdruck“. Die Juden verwendeten das Wort „Bruder“ zwar manchmal auch für jemanden, der nicht zur eigenen Familie gehörte, aber dann nur für Angehörige ihres Volkes, niemals für Nichtjuden. Wahre Christen sind da anders. Ganz gleich aus welcher Nation ein Glaubensbruder stammt, er wird mit offenen Armen empfangen (Röm. 10:12). Wir haben von Jehova gelernt, einander wie Geschwister zu lieben (1. Thes. 4:9). Warum ist es denn so wichtig, dass unsere brüderliche Liebe bestehen bleibt?

WARUM IST ES SO WICHTIG, BESTÄNDIG BRÜDERLICHE LIEBE ZU ZEIGEN?

7. (a) Was ist der Hauptgrund dafür, brüderliche Liebe zu zeigen? (b) Weshalb sollten wir unsere Zuneigung zueinander noch vertiefen?

7 Die einfache Antwort ist: Jehova erwartet es von uns. Wir können nicht behaupten, Gott zu lieben und uns gleichzeitig weigern, unsere Brüder zu lieben (1. Joh. 4:7, 20, 21). Außerdem brauchen wir einander. Das trifft besonders auf schwierige Zeiten zu. Manche der Christen, denen Paulus schrieb, würden bald ihr Zuhause und alles, was sie besaßen, zurücklassen müssen. Jesus hatte ja beschrieben, wie dramatisch diese Zeit sein würde (Mar. 13:14-18; Luk. 21:21-23). Deshalb mussten sie mehr denn je ihre Zuneigung zueinander vertiefen (Röm. 12:9).

8. Was müssen wir jetzt tun, noch bevor die große Drangsal beginnt?

8 Schon bald werden die Winde der größten Drangsal aller Zeiten losgelassen werden und ihre Zerstörungskraft entfalten (Mar. 13:19; Offb. 7:1-3). Dann werden wir uns an den biblischen Rat halten müssen: „Geh, mein Volk, tritt ein in deine inneren Gemächer, und schließ deine Türen hinter dir zu. Verbirg dich für nur einen Augenblick, bis die Strafankündigung vorübergeht“ (Jes. 26:20). Mit den „inneren Gemächern“ könnten unsere Versammlungen gemeint sein. Dort kommen wir als Brüder und Schwestern zusammen, um Jehova anzubeten. Aber es reicht nicht, einfach nur regelmäßig zusammenzukommen. Paulus erinnerte die Hebräerchristen daran, sich bei diesen Gelegenheiten auch gegenseitig zu motivieren, nämlich zur Liebe und zu guten Werken (Heb. 10:24, 25). Diese brüderliche Liebe müssen wir heute schon entwickeln, denn bei allen Schwierigkeiten oder Prüfungen, die uns noch bevorstehen, werden wir sie brauchen.

9. (a) Welche Gelegenheiten haben wir, um brüderliche Liebe zu beweisen?(b) Nenne Beispiele, wie Jehovas Diener brüderliche Liebe bewiesen haben. (Siehe auch Endnote.)

9 Auch heute, vor dem Ausbruch der großen Drangsal, ist brüderliche Liebe unverzichtbar. Viele unserer Brüder haben mit den Folgen von Erdbeben, Flutkatastrophen, Wirbelstürmen, Tsunamis und anderen Naturkatastrophen zu kämpfen. Manche leiden unter Gegnerschaft oder Verfolgung (Mat. 24:6-9). Hinzu kommen die wirtschaftlichen Probleme, die das heutige korrupte System täglich mit sich bringt (Offb. 6:5, 6). Je mehr Herausforderungen es gibt, desto mehr Chancen haben wir aber auch zu zeigen, wie tief unsere brüderliche Zuneigung wirklich ist. „Die Liebe der meisten“ mag abkühlen, aber unsere brüderliche Liebe muss bleiben! (Mat. 24:12). [1]

WIE KÖNNEN WIR UNSERE BRÜDERLICHE LIEBE BEWAHREN?

10. Womit werden wir uns im Folgenden beschäftigen?

10 Wie können wir trotz vieler Schwierigkeiten unsere brüderliche Liebe bewahren? Welche Möglichkeiten haben wir, diese Herzensbindung unter Beweis zu stellen? Nachdem Paulus gesagt hatte: „Eure brüderliche Liebe bleibe“, führte er einige Beispiele an, wie man als Christ diese Liebe lebendig erhält. Im Folgenden werden wir uns mit sechs Bereichen beschäftigen.

11, 12. Was beinhaltet Gastfreundschaft? (Siehe Anfangsbild.)

11 „Die Gastfreundschaft vergesst nicht.“ (Lies Hebräer 13:2.) Gastfreundschaft bedeutet in der Originalsprache wörtlich „Güte gegenüber Fremden“. Vielleicht denken wir dabei an Abraham und Lot. Beide empfingen Besucher freundlich, obwohl sie sie nicht kannten. Und wie sich herausstellte, handelte es sich bei diesen Gästen um Engel (1. Mo. 18:2-5; 19:1-3). Paulus spielt auf diese Situationen an und ermutigt die Hebräerchristen dazu, ihre brüderliche Liebe durch Gastfreundschaft zum Ausdruck zu bringen.

12 Laden wir andere zu uns ein? Sie könnten zum Essen kommen oder zum gemütlichen Beisammensein mit positiven Gesprächen. Solche Einladungen müssen nicht aufwendig oder teuer sein und man würde auch keine Gegenleistung erwarten (Luk. 10:42; 14:12-14). Unser Ziel ist es ja, andere zu bestärken, nicht sie zu beeindrucken! Wir könnten zum Beispiel unseren Kreisaufseher und seine Frau einladen, selbst wenn wir die beiden noch nicht so gut kennen (3. Joh. 5-8). Der Alltag bringt viele Aufgaben und einiges an Stress mit sich. Deshalb ist es umso wichtiger, die Gastfreundschaft nicht zu vergessen!

13, 14. Wie behalten wir „die im Sinn, die in Fesseln sind“?

13 „Behaltet die im Sinn, die in Fesseln sind.“ (Lies Hebräer 13:3.) Paulus meinte hier nicht irgendwelche Gefangenen. Er sprach von Brüdern, die wegen ihres Glaubens in Fesseln waren. Schließlich war er selbst schon seit etwa vier Jahren kein freier Mann mehr, als er diese Worte an die Hebräerchristen schrieb (Phil. 1:12-14). Er lobte sie für ihr „Mitgefühl für diejenigen . . . die im Gefängnis gewesen sind“ (Heb. 10:34). Während Paulus gefangen war, konnten manche Brüder ihm persönlich beistehen. Die Empfänger dieses Briefes waren jedoch weit weg. Wie konnten sie Paulus im Sinn behalten? Indem sie aus tiefstem Herzen für ihn beteten (Heb. 13:18, 19).

14 Wir sind heute vielleicht ebenfalls von unseren Brüdern, die im Gefängnis sind, weit entfernt. Anders als den Zeugen vor Ort ist es uns daher kaum möglich, praktische Hilfe zu leisten. Dennoch können wir mit diesen Treuen mitfühlen und ihnen brüderliche Liebe entgegenbringen. Wie? Indem wir sie immer im Sinn behalten, sie in unseren Gebeten erwähnen und Jehova von Herzen bitten, sie zu stärken. Könnten wir zum Beispiel noch häufiger an die vielen Brüder, Schwestern und sogar Kinder denken, die in Eritrea im Gefängnis sind? Drei unserer Brüder dort sind schon seit über 20 Jahren inhaftiert: Paulos Eyassu, Isaac Mogos und Negede Teklemariam.

15. Wie können wir die Ehe in Ehren halten?

15 „Die Ehe sei ehrbar unter allen.“ (Lies Hebräer 13:4.) Unsere brüderliche Liebe zeigt sich auch dadurch, dass wir uns moralisch einwandfrei verhalten (1. Tim. 5:1, 2). Wer einen Mitgläubigen oder eigenen Angehörigen ausnutzt, indem er sich mit ihm oder ihr der Unmoral schuldig macht, geht zu weit und überschreitet die Grenzen des Anstands. Er missbraucht das Vertrauen, auf dem brüderliche Liebe beruht (1. Thes. 4:3-8). Oder stellen wir uns vor, wie sich eine Frau fühlt, die feststellt, dass ihr Mann sie hintergeht, indem er sich pornografisches Material ansieht. Das wäre ihr gegenüber weder liebevoll, noch würde dadurch die Ehe in Ehren gehalten (Mat. 5:28).

16. Wie hilft uns Zufriedenheit dabei, brüderliche Liebe zu zeigen?

16 Seid „mit den vorhandenen Dingen zufrieden“. (Lies Hebräer 13:5.) Echte Zufriedenheit beruht auf unserem Vertrauen zu Jehova. Sie hilft uns, Geld und Besitz richtig einzuordnen (1. Tim. 6:6-8). Wenn wir zufrieden sind, wissen wir: Unser Verhältnis zu Jehova und zu unseren Brüdern ist viel mehr wert als alles, was man mit Geld kaufen kann. Wer zufrieden ist, beschwert und beklagt sich nicht. Er hat nicht an allem etwas auszusetzen und lässt weder Neid noch Habgier aufkommen. Solche Gefühle könnten die brüderliche Liebe nämlich im Keim ersticken. Zufriedenheit wird uns dazu bewegen, freigebig zu sein (1. Tim. 6:17-19).

17. Wie hilft uns Zuversicht dabei, brüderliche Liebe zu zeigen?

17 Seid „guten Mutes“. (Lies Hebräer 13:6.) Zu wissen, dass wir uns bei allen Schwierigkeiten auf Jehova verlassen können, macht uns mutig und zuversichtlich — wir sind „guten Mutes“. Zuversicht und brüderliche Liebe bewegen uns dann dazu, unseren Brüdern und Schwestern Mut zu machen und sie zu trösten (1. Thes. 5:14, 15). Wenn die Welt, in der wir leben, in der großen Drangsal ihre dunkelsten Momente erlebt, werden für uns die Worte gelten: „Richtet euch auf und hebt eure Häupter empor, denn eure Befreiung naht“ (Luk. 21:25-28).

Schätzen wir das, was die Ältesten für uns tun? (Siehe Absatz 18.)

18. Wie wird unsere Liebe zu den Ältesten wachsen?

18 „Gedenkt derer, die unter euch die Führung übernehmen.“ (Lies Hebräer 13:7, 17.) Unsere Ältesten setzen sich für uns ein, ohne dafür einen finanziellen Ausgleich zu erhalten. Je mehr wir uns bewusst machen, wie viel sie für uns tun, desto dankbarer sind wir für ihre Mühe und unsere brüderliche Liebe zu ihnen wächst. Wir wollen ihre Freude auf keinen Fall durch unser Verhalten trüben. Stattdessen möchten wir auf sie hören, denn: „Für ihre Mühe sollt ihr sie lieben und ihnen dankbar sein“ (1. Thes. 5:13, Hoffnung für alle).

UNSERE LIEBE NOCH STÄRKER WERDEN LASSEN

19, 20. Wie können wir unsere brüderliche Liebe stärker werden lassen?

19 Jehovas Volk ist für seine brüderliche Liebe bekannt, daran besteht kein Zweifel. Paulus bestätigte das schon damals. Er regte jedoch dazu an, „es weiterhin in noch vollerem Maße zu tun“ (1. Thes. 4:9, 10). Man kann sich also immer noch verbessern!

20 Wenn wir im Lauf des Jahres unseren Jahrestext sehen, wäre es sicher gut, uns zu fragen: Könnte ich noch gastfreundlicher sein? Was kann ich für unsere Brüder tun, die im Gefängnis sind? Halte ich die Ehe wirklich in Ehren? Könnte ich noch zufriedener sein? Wie kann ich mein Vertrauen zu Jehova vertiefen? Wie kann ich mich noch besser an das halten, was die Ältesten sagen? Wenn wir uns in diesen sechs Bereichen anstrengen, wird unser Jahrestext für uns mehr sein als nur ein Spruch an der Wand. Wir werden den Rat dann wirklich beherzigen: „Eure brüderliche Liebe bleibe“ (Heb. 13:1).

^ [1] Absatz 9: Beispiele für die brüderliche Liebe unter Jehovas Zeugen in Notzeiten findet man im Wachtturm vom 15. Juli 2002, Seite 8, 9 und dem Buch Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes, Kapitel 19.